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Diplom-Verwaltungswirt

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung zu zahlen.

Der Kläger ist Diplom-Verwaltungswirt (FH). Nach seinem Studium an der Bayerischen Beamtenfachhochschule war er zunächst stellvertretender Sachgebietsleiter, später Sachgebietsleiter eines Ausländeramts. Sodann war er als geschäftsleitender Beamter der Gemeinde E und als Geschäftsleiter der Gemeinde g tätig. In der Zeit von April 1992 bis April 2008 war er erster Bürgermeister der Gemeinde E. Ausweislich des Bescheids des zuständigen Versorgungsamts von Dezember 2013 ist der Kläger mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehindert.

Die Beklagte, die in Teilbereichen der Verwaltungstätigkeit einer großen Kreisstadt gleichgestellt ist, schrieb im September 2017 die Stelle eines/einer "Leiter/in des Sachgebietes "Bauen und Wohnen" aus. In der Stellenausschreibung ist unter der Überschrift "Unser Anspruch an Sie" ausgeführt:
"Sie sind
Beamtin/Beamter der 3. Qualifizierungsebene, Fachrichtung Verwaltung und Finanzen, Allgemeine innere Verwaltung bzw. Verwaltungsfachwirt/in (Angestelltenprüfung II)
Sie haben
Verhandlungsgeschick, verfügen über ein hohes Maß an Kommunikationsstärke und können auch mit Konflikten umgehen. Sie sind eine entscheidungsfreudige, verantwortungsbewusst handelnde Person mit sicherem, sowie kundenorientiertem Auftreten.
Darüber hinaus sind Sie belastbar und arbeiten eigenständig und zielorientiert.

Sie verfügen

über möglichst mehrjährige Erfahrung in der unteren Bauaufsicht, sowie idealer Weise über praxiserprobte Führungskompetenz."
Unter der Überschrift "Ihr Weg zu uns" heißt es:
"Bewerbung:
Senden Sie Ihre aussagekräftige Bewerbung bis zum 30. September 2017 an die Stadt W, Postfach, W oder an bewerbung@w.de
Fragen & Infos:
Für weiterführende Auskünfte und Fragen steht Ihnen gerne Frau G., Tel. bzw. E-Mail: r.n@w.de zur Verfügung."
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 21. September 2017 auf die ausgeschriebene Stelle. Weder im Bewerbungsschreiben noch im beigefügten Lebenslauf informierte er die Beklagte über seine Schwerbehinderung.
Die Beklagte traf in der Folgezeit eine Vorauswahl unter den Bewerbern und lud die von ihr als geeignet erachteten zu Vorstellungsgesprächen ein, die am 19. Oktober 2017, 23. Oktober 2017 und 26. Oktober 2017 vor einem Auswahlgremium durchgeführt wurden. Der Kläger war nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden.
Am 6. November 2017 entschied sich das Auswahlgremium für einen anderen Bewerber. Aufgrund der Notwendigkeit einer Gemeinderatszustimmung (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayGO) wurde am 15. November 2017 eine Stadtratssondersitzung für den 21. November 2017 anberaumt. Mit der Ladung - ebenfalls vom 15. November 2017 - wurden der Beschlussvortrag und Beschlussvorschlag zur Auswahlentscheidung des Auswahlgremiums an die Mitglieder des Stadtrats übersandt.
Mit E-Mail vom 21. November 2017, die um 13:35 Uhr gesendet wurde, teilte der Kläger der Beklagten "in Ergänzung seiner Bewerbungsunterlagen" mit, dass er "einen Grad von 50% MdE habe".
Der Stadtrat entschied sich am 21. November 2017 einstimmig für den vom Auswahlgremium vorgeschlagenen Bewerber.
Am 2. Dezember 2017 erhielt der Kläger das Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 30. November 2017. Auf seine Anfrage, warum er trotz seiner Schwerbehinderung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, antwortete die Beklagte mit E-Mail vom 4. Dezember 2017 ua. wie folgt:
"Von Ihrer Schwerbehinderteneigenschaft ... erfuhren wir erst aus Ihrer E-Mail vom 21.11.2017. Zu diesem Zeitpunkt war das Auswahlverfahren bereits kurz vor dem Abschluss. Die Vorstellungsgespräche waren mit den Bewerbern, die das Anforderungsprofil in einem noch höheren Maße erfüllten, bereits geführt."
In der Folgezeit machte der Kläger ua. mit Schreiben vom 24. Januar 2018 Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG geltend. Die Beklagte antwortete hierauf unter dem 31. Januar 2018 und führte ua. aus:
"Eine Klage wäre unnötig, in jedem Fall aber unbegründet. Vor dem Hintergrund der vorliegenden, klaren Rechtslage wäre eine Klage offensichtlich mutwillig und missbräuchlich. Die Konsequenzen dürften Ihnen bekannt sein. Herr B wird dann mit Weiterungen rechnen müssen."
Die Stelle "Leiter/in des Sachgebietes "Bauen und Wohnen" bei der Beklagten wurde im April 2018 besetzt.
Mit seiner Klage hat der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung weiterverfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei ihm nach § 15 Abs. 2 AGG zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet, weil sie ihn im Bewerbungsverfahren wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte ihn entgegen § 82 Satz 2 SGB IX (in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung - im Folgenden SGB IX aF) nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe, obwohl er sie mit seiner E-Mail vom 21. November 2017 noch vor Abschluss des Auswahlverfahrens und damit rechtzeitig über seine Schwerbehinderung informiert habe. Er sei auch fachlich für die Stelle geeignet gewesen. Indizien für eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung iSv. § 22 AGG ergäben sich zudem aus dem weiteren Verhalten der Beklagten. So habe diese seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt, indem sie ihn weder über den Verlauf des Auswahlverfahrens noch über das Ergebnis oder den ausgewählten Bewerber informiert habe. Damit sei der zeitliche Ablauf des Verfahrens für ihn undurchsichtig gewesen. Hierin liege ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG iVm. Art. 19 Abs. 4 GG. Ein weiteres Indiz sei das Schreiben der Beklagten vom 31. Januar 2018, mit dem diese ihn für den Fall der Klageerhebung mit "Weiterungen" bedroht habe. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 15 Abs. 1 AGG. Jedenfalls habe er einen Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB auf eine angemessene Entschädigung wegen einer Verletzung seines Persönlichkeitsrechts.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, die jedoch einen Betrag von 24.875,46 Euro nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und die Ansicht vertreten, sie habe den Kläger nicht wegen seiner (Schwer)Behinderung benachteiligt. Ein Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX aF liege nicht vor. Aufgrund der verspäteten Information des Klägers über seine Schwerbehinderung habe keine Verpflichtung mehr bestanden, diesen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die zuständige Sachbearbeiterin, die in Teilzeit arbeite, habe die um 13:35 Uhr gesendete E-Mail des Klägers vom 21. November 2017 erst am nächsten Tag zur Kenntnis nehmen können. Zu diesem Zeitpunkt sei das eigentliche Auswahlverfahren ohnehin abgeschlossen gewesen, weil die interne Auswahlentscheidung bereits getroffen gewesen sei. Die Beteiligung des Stadtrats sei für eine Einstellung nur eine Formsache gewesen. Im Übrigen handele der Kläger treuwidrig iSv. § 242 BGB, wenn er sich nunmehr auf seine Schwerbehinderung berufe, obgleich er diese ohne nachvollziehbaren Grund erst deutlich verspätet mitgeteilt habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Zahlung einer Entschädigung weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
*[FH]: Fachhochschule
*[GdB]: Grad der Behinderung
*[bzw.]: beziehungsweise
*[Art.]: Artikel (Gesetzesartikel)
*[Abs.]: Absatz
*[Nr.]: Nummer
*[MdE]: Minderung der Erwerbsfähigkeit
*[AGG]: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
*[SGB IX]: Sozialgesetzbuch Neuntes Buch
*[aF]: alte Fassung
*[GG]: Grundgesetz
*[iVm]: in Verbindung mit
*[BGB]: Bürgerliches Gesetzbuch

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